Christian Sigrist
Interesse an Zahlen und Zusammenhängen sowie eine Neugier für die Anderen!
Christian Sigrist: Leiter Controlling
Schön, dass wir Ihre Zeit beanspruchen dürfen, Herr Sigrist. Wie lange arbeiten Sie schon im LIMMI?
Am 1.7. hatte ich mein 10-Jähriges im LIMMI und durfte die Jubiläumsbox mit nach Hause nehmen.
Wir gratulieren zum LIMMIläum! Sind 10 Jahre am gleichen Ort für Sie eine lange Zeit?
Ja schon. Früher habe ich den Arbeitgeber öfter gewechselt.
Warum sind Sie hier so lange geblieben?
Das hat sicher mit meinem Alter zu tun. Ich hatte weniger als früher das Bedürfnis, wieder die Stelle zu wechseln. Im gleichen Atemzug möchte ich aber anmerken, dass ich darüber hinaus auch keinen Anlass hatte, mich neu zu orientieren. Es gefiel und gefällt mir im LIMMI sehr gut.
Waren Sie schon immer im Gesundheitswesen tätig?
Nein, nicht immer, aber seit mittlerweile gut 20 Jahren. Vor dem LIMMI war ich im Paracelsus-Spital Richterswil Finanzchef. Davor im USZ, das war 2002 mein Einstieg ins Gesundheitswesen. Und eine Station davor war ich bei IBM als Projektcontroller Strategisches Outsourcing angestellt. Computer und IT hatten mich damals sehr fasziniert.
Dann wollten Sie als Kind also ITler werden?
Als ich Kind war, war dieses Fachgebiet noch kein verbreitetes Thema. Im Kindergarten wollte ich Kranführer werden. (lacht)
Warum wurde am Ende nichts daraus?
Dort wo ich aufgewachsen bin, wurde in meiner Kindheit am Dorfrand extrem viel gebaut, die Kranen standen rum und ich habe mir immer vorgestellt, wie toll der Überblick von dort oben sein muss. Allerdings ging mein früher Berufswunsch nie über die romantische Schulbuben-Vorstellung hinaus.
Wie eröffnete sich Ihnen die Zahlenwelt?
Zu den Zahlen kam ich 1991 an der HWV. In meiner Ausbildung zum Betriebsökonom habe ich die Finanzen als Schwerpunkt gewählt und bin dann darüber hinaus sozusagen in dem Bereich hängen geblieben.
Erfüllen Sie eigentlich alle Klischees, die man den «Finänzlern» nachsagt?
Klar. (lacht) Kommt darauf an, welche Sie meinen. Klischees nähren sich teilweise aus der Realität, aber es stimmt ja nie alles. Natürlich hilft es, wenn man sehr genau, strukturiert oder penibel arbeitet, wenn man mit Zahlen zu tun
hat, das bringt die Funktion mit sich. Am Ende ist die Arbeitsweise meiner Meinung nach aber typenabhängig.
Viele werfen einfach alles, was entfernt mit Zahlen zu tun hat, in den Topf «Buchhaltung». Nun sind Sie jedoch «Leiter Controlling». Kommen wir also zur Kernfrage: Was ist «Controlling»?
Der Begriff «Controlling» kommt aus dem Englischen, bedeutet so viel wie «steuern» oder «planen» und soll als Prozess das Management bei der Zielsetzung und Entscheidungsfindung unterstützen. Controlling hat im Grunde
nichts mit «jemanden kontrollieren» zu tun.
«Ich hatte keinen Anlass, mich neu zu orientieren. Es gefiel und gefällt mir im LIMMI sehr gut.»
Inwiefern unterscheidet sich das Controlling von der klassischen Buchhaltung?
Während die Finanzbuchhaltung die Informationen über ein Unternehmen – in unserem Fall ein Spital – in Form von Zahlen – Bilanz und Erfolgsrechnung – zur Verfügung stellt, geht das Controlling ein, zwei Schritte weiter.
Können Sie das erläutern?
Im Controlling möchtest du, ganz grundsätzlich gesagt, die Hauptrichtungen sehen, wie sich das Unternehmen gegenüber den Zielsetzungen entwickelt. Wo kommt der Ertrag her? Wofür geben wir das Geld aus? Warum verändert sich der Geldfluss? Und so weiter.
«Controlling unterstützt das Management bei der Zielsetzung und Entscheidungsfindung.»
Die Controllerin oder der Controller nimmt die Finanzzahlen der Buchhaltung als eine der Grundlagen für seine weiteren Betrachtungen und Aussagen. Wir beschaffen zusätzliche Informationen, analysieren und interpretieren
damit das Resultat jeweils per Quartalsund Jahresabschluss.
Was heisst das konkret?
Wir fragen uns im Rahmen des sogenannten «Operativen Controlling» zum Beispiel: Wie viele Fälle oder Konsultationen haben wir in einem Fachbereich X oder Y? Dann bringen wir diese und weitere Daten mit den Finanzzahlen in einen Zusammenhang. So können wir die Entwicklung nachvollziehen oder erst verstehen. Das können wir anhand der reinen Zahlen der Finanzbuchhaltung noch nicht.
Wieso ist das für einen Spitalbetrieb so wichtig?
Die öffentliche, mediale Diskussion um die Gesundheitskosten und Tarife hat in den vergangenen Jahren immer mehr Fahrt aufgenommen und wird uns noch lange begleiten. Insofern ist es umso wichtiger, dass wir für uns sichtbar machen und beurteilen, wie gut es einem bestimmten Fachgebiet oder einer Klinik finanziell geht: Sollen oder müssen wir unsere Dienstleistungen anpassen? Wo können wir optimieren?
Wir stellen unsere Daten der Geschäftsoder in unserem Fall der Spitalleitung als Entscheidungsgrundlage zur Verfügung. Sie werden so zum Steuerungstool.
Gibt es nebst den internen auch externe Adressaten?
Die gibt es und sie sind zahlreich. Wir müssen einerseits unseren Verbandsgemeinden, andererseits diversen Behörden – zum Beispiel der Gesundheitsdirektion – und darüber hinaus verschiedenen Regulatoren, Geldgebern, Verbänden etc. Rechenschaft ablegen. Dies jeweils sehr detailliert und vertieft sowie nach insgesamt drei Rechnungslegungsstandards.
Was heisst das?
Das bedeutet, dass wir die gleichen Zahlen nach drei verschiedenen Vorgaben anders aufbereiten müssen. Das ist sehr aufwändig und intensiv. Die diversen Jahresabschlüsse beschäftigen uns während rund eines halben Jahres mit Vorbereiten, Aufbereiten und Nachbereiten.
Welche Eigenschaften muss eine Controllerin, ein Controller mitbringen?
Sicherlich betriebswirtschaftliches und vernetztes Denken. Und eine grosse Neugier und Offenheit für das Unternehmen und die Branche, in dem sie oder er arbeitet. Ohne geht es nicht, denn damit wir unsere Aufgaben seriös erfüllen können, sind wir mit allen Stellen im Haus im Austausch. Wir stellen dabei Fragen, liefern Antworten oder analysieren Prozesse, damit wir den Betrieb so genau wie möglich verstehen und abbilden können. Entsprechend hilft es, wenn ein Grundverständnis für das Gesundheitswesen oder ein Grundinteresse für die Spitallandschaft vorhanden ist. Weitere wichtige Eigenschaften sind Eigeninitiative und ein konstanter Lernwille.
Welches ist der grösste Wandel, den Sie in Ihrem Berufsleben miterlebt haben?
Auf jeden Fall die Einführung der stationären Fallpauschalen 2012. Vorher gab es Tages- und Klinik-Pauschalen: Für alle stationären Fälle einer Klinik gab es die gleiche Pauschale plus Tagespauschale pro Aufenthaltstag. Dass es nun
gewichtete Fallpauschalen anhand von bestimmten Kriterien wie Hauptdiagnose, Nebendiagnosen und weiteren Faktoren gibt, veränderte das Spitalumfeld grundlegend. Einen weiteren grossen Impact hatte 2018 der Umzug ins neue Spitalgebäude und 2019 die Regelung «ambulant vor stationär».
Was gefällt Ihnen im LIMMI besonders gut?
Für meinen Job hat es wirklich die ideale Grösse. Ich war zuerst in einem Spital mit damals rund 800 Betten, danach in einem Spital mit rund 50 Betten. Beides hatte seine Vor- und Nachteile. Im LIMMI kam alles wie perfekt zusammen. Einerseits werde ich hier als Mitarbeiter wirklich wahrgenommen und andererseits hat das LIMMI hinsichtlich Infrastruktur und Prozessen eine ideale Grösse, damit man tatsächlich mitwirken und dabei gleichzeitig den Überblick behalten kann.
«Das LIMMI hat hinsichtlich Infrastruktur und Prozessen eine ideale Grösse für mich.»
Was wünschen Sie dem LIMMI für die Zukunft?
Dass die Menschen, Mitarbeitenden, Abteilungen und Kliniken weiterhin so gut und gerne zusammenarbeiten. Und was wünschen Sie sich für Ihre Zukunft? Sie war schon immer wichtig, wird aber in meinem Alter noch etwas wichtiger: die Gesundheit. Mit ihr ist schon vieles möglich.
Herzlichen Dank und alles Gute, Herr Sigrist! Wir konnten in Ihrem umfangreichen Fachgebiet nur an der Oberfläche kratzen, es war jedoch auf jeden Fall sehr spannend.